Als ich heute morgen meinen Computer einschalten wollte, gab dieser nur noch ein müdes Knistern von sich, der Bildschirm flackerte noch einmal kurz auf und hüllte sich dann in tiefschwarzes Schweigen. Es war nicht so, dass ich nicht damit gerechnet hätte – seit unserer Rückkehr funktionierte der Computer nur noch unwillig aber da er immerhin noch funktionierte wollte ich nicht sofort an eine Reparatur oder gar einen Neuen denken.
Nachdem ich herausgefunden hatte, dass die Reperaturkosten den Preis eines neuen Computers noch überstiegen, machte ich mich auf dem Weg zu Darty, einem Elektrogrosshändler bei dem wir schon einmal eine Herdplatte gekauft hatten, die nach einer Woche nicht mehr funktionierte, aber jeder verdient eine zweite Chance und ausserdem war es das einzige Geschäft in der Nähe, dessen Produkte noch bezahlbar sind.
Die Computerabteilung befand sich in einem dunklen Kellerraum und der einzige Verkäufer war hinter seinem Tisch eingeschlafen. Es war gar nicht so einfach, ihn zu wecken, um ihm das gewünschte Model zu zeigen. Schliesslich schlurfte er dann doch lustlos hinter mir her und zählte dabei die Dokumente auf, die jemand vorlegen muss, der bei Darty einen Computer auf Raten kaufen will.
Gemeinsam mit Siavosh kehre ich am selben Abend zurück, mein Scheckbuch, meine Bankverbindung, meine Visa-Karte, alles habe ich dabei. Die Verkäuferin, ein quirliges Persönchen mit ungefähr einem halben Liter Make-Up im Gesicht schaut sich all diese Dinge an und runzelt die Stirn. (Ich muss dazu erklärend hinzufügen, dass ich eigentlich nie irgend etwas per Scheck bezahle und deshalb seit ungefähr 8 Jahren dasselbe Scheckbuch besitze. Die dort angegebene Adresse ist längst nicht mehr aktuell, noch nicht einmal mehr der Nachname).
„Das geht so aber nicht“, erklärt sie mit vorwurfsvollem Unterton, „wir brauchen mindestens ein schriftliches Dokument, in dem die neue Adresse erwähnt wird, haben Sie nicht vielleicht eine Strom- oder Wasserrechnung bei sich, irgendwas?“
Zwar trage ich meine Strom- oder Wasserrechnungen normalerweise nicht mit mir herum, aber inzwischen ist ja alles per Internet ganz einfach von überall her zugänglich und man muss sich lediglich in sein Kundenkonto einloggen und den Beleg ausdrucken. Wenn der Computer, das Internet und der ganze Rest denn funktionieren. Der Computer der Schminkmaus funktioniert nicht, der ihrer Kollegin funktioniert immerhin, dafür stimmt aber etwas mit ihrem Drucker nicht. Nachdem wir meine Rechnung ein paar mal erfolglos zwischen den verschiedenen Computern hin und hergeschickt haben und das anfangs noch zuvorkommende Lächeln der Kollegin einer steifgefrorenen Maske gewichen ist, geben die beiden schliesslich auf. Letztendlich haben sie ja gesehen, dass die angegebene Adresse stimmt, auch wenn man sie nicht ausdrucken kann.
„Schön. Dann beantworten Sie uns zum Schluss bitte noch einige Fragen: wie lange wohnen Sie schon hier, was zahlen Sie an Miete, was verdienen Sie monatlich, erhalten Sie staatliche Unterstützung und wenn ja, wie viel, haben Sie zur Zeit laufende Kredite?“
An dieser Stelle unterbricht Siavosh sie und fragt, ob eigentlich irgendjemand diese ganzen Angaben überprüfen kann. Die Schminkmaus schüttelt den Kopf. Ich erfinde mir also ein vollkommen unrealistisches Gehalt und eine Erbschaft, sie tippt das alles eifrig in ihren Computer. Paris, Stadt der Träume.